Mehr Transparenz und Zertifizierung der Holzproduktkette

Autor: Ulf Sonntag

Datum: 29. September 2023

„Die Globalisierung der Holzproduktkette erfordert eine Neuorientierung an vielfältige Nachhaltigkeitskriterien, insbesondere durch mehr Transparenz und Zertifizierung der Holzproduktkette.“  Dieser Satz stammt aus dem Ergebnisbericht des Multistakeholder-Projektes „Holzwende 2020plus“. Und tatsächlich, heute, in den 2020er Jahren, ist er zutreffend. Immer noch zutreffend. Das Zitat stammt aus dem Jahr 2008!

Auf EU-Ebene wurde bereits damals an einer politischen Lösung gearbeitet, um den größten Treiber der Waldverluste einzudämmen, den illegalen Holzeinschlag. Ergebnis war die EU Timber Regulation (EUTR), die mit Inkrafttreten seit 2013 eine Sorgfaltspflicht für den Import von holzbasierten Produkten in die EU verlangt. Illegaler Holzeinschlag ist nach Fälschung und Drogenhandel auch heute, 10 Jahre später, noch das wertmäßig drittgrößte Kriminalitätsfeld der Welt, und die Waldverluste sind nach wie vor massiv. Warum hat die EUTR nicht gegriffen?

Es wurden zwei wesentliche Aspekte übersehen: Ein beachtlicher Teil der Waldzerstörung erfolgt gar nicht illegal. Und 90 % der Entwaldung ist verursacht durch landwirtschaftliche (nicht holzwirtschaftliche) Nutzung. Sowohl die Waren im Geltungsbereich der Verordnung als auch die Kriterien für die Herkunft mussten erweitert werden, um einen Effekt zu erzielen. Das passierte auch: Am 29 Juni 2023 trat die EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung (EU Deforestation Regulation, EUDR) in Kraft.

Und die hat es in sich! Sie betrifft neben Kakao, Kaffee, Rinder, Ölpalmen, Kautschuk und Soja auch sämtliche Holzprodukte, von Rundholz über Holzkohle und Möbel bis zu Papierprodukten. Ein wesentlicher Unterschied zur EUTR ist, dass die EUDR die geografische Herkunft mit Angabe der Geokoordinaten verlangt. Das wird schwierig bis unmöglich, zumindest für Mischprodukte wie Plattenwerkstoffe oder Papierprodukte. Man munkelt, es würde für einige Produktgruppen einem Importverbot gleichkommen.

Es lässt sich nun nicht mehr mit Excel-Tabellen lösen. Eine gute Zeit für Anbieter von Trace- und Tracking-Software! Hier muss eine wirkliche Transformation stattfinden, und zwar schnell! Die Übergangszeit ist nur 1,5 Jahre. Bis Ende 2024 muss alles stehen. So wie bei der EUTR, dass man als Abnehmer der Ware versucht, die Informationen von den Lieferanten zu bekommen („Holschuld“) wird es wohl nicht mehr gehen. Es muss selbstverständlich werden, die erforderlichen Informationen mitzuliefern („Bringschuld“). Auch rechtlich hat die EUDR einen anderen Stellenwert: Es geht nicht mehr „nur“ um eine Sorgfaltspflicht (die stichprobenartig von der BLE kontrolliert wird), sondern um ein Handelsverbot für Ware, für die keine Sorgfaltserklärung vorliegt.

Sichergestellt werden muss nicht mehr nur die legale Herkunft, sondern auch, dass für das Produkt keine Entwaldung oder Waldschädigung erfolgt ist. Und da kommt dann wieder die Zertifizierung ins Spiel. Wie soll ein Marktteilnehmer realistisch prüfen, ob beim Fällen der Bäume für das gehandelte Produkt Wald zerstört oder beschädigt wurde? Satellitentechnik und Bildauswertung bekommen Relevanz, aber am besten beurteilen kann man es immer noch vor Ort, durch unabhängige Auditoren, die die Einhaltung von Standards für nachhaltige Waldbewirtschaftung verifizieren. Strategisch wird die komplette Umstellung auf FSC- oder PEFC-zertifizierte Ware von vielen Akteuren schon länger angestrebt. Diese Vorhaben dürften durch die EUDR nun beschleunigt werden.