FSC-Mitgliedschaft lehnt Mengenverfolgungssystem ab

Autor: Ulf Sonntag

Datum: 03. November 2022

Bei der internationalen FSC-Vollversammlung im Oktober 2022 in Bali wurde der Antrag abgelehnt, ein weltweites Volume Tracking System einzuführen. Schauen wir uns dies einmal genauer an.

Der Antrag (Motion 30) forderte die beschleunigte Einführung eines weltweiten und glaubwürdigen Mengenverfolgungssystems, um Betrug mit FSC-gelabelten Produkten zu vermeiden und die Glaubwürdigkeit und den Markenwert von FSC zu schützen. Sollte das nicht im Interesse aller Beteiligten sein? Tatsächlich haben über 90 % der Mitglieder der Umweltkammer und 85 % der Mitglieder der Sozialkammer dafür gestimmt. Der Antrag scheiterte an einer knappen Mehrheit in der Wirtschaftskammer. So ein „No-Brainer“, wie der Antrag in der Diskussion von einem Mitglied bezeichnet wurde, war es also doch nicht.

Lange Geschichte

Die Diskussion zur Einführung eines online-basierten Mengenverfolgungssystems läuft schon sehr lange. Als Zwischenlösung kontrolliert ASI im Auftrag von FSC einzelne Lieferketten mittels Transaktionsverifizierung. Dabei werden FSC-Eingänge mit den vom Verkäufer der Ware dokumentierten FSC-Ausgängen abgeglichen. Mit dieser Methode wurden zahlreiche Fälle aufgezeigt, die bestätigen, dass die „papierbasierte“ Weitergabe der Zertifizierungsaussagen in den Handelsdokumenten nicht sicher genug ist.

Viele Akteure im FSC-System haben die Debatten rund um die Online Claims Plattform (OCP) noch in Erinnerung. Das war 2015/2016. FSC hatte eine Softwarelösung entwickeln lassen, mit der Zertifizierungsaussagen online registriert und verifiziert werden konnten. Diese sollte für die Zertifikatshalter verbindlich eingeführt werden. Dies führte zu einem regelrechten AuFSChrei unter den Zertifikatshaltern. FSC hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das System wurde nicht akzeptiert. Die OCP konnte noch ein paar Jahre freiwillig genutzt werden und wurde dann recht geräuschlos abgeschaltet.

Blockchain is the answer

Seit einigen Jahren nun schon arbeitet FSC an einer neuen Lösung. Diese basiert auf der Blockchain-Technologie, die ursprünglich für die digitalen Währungen entwickelt wurde, und als sehr sicher gilt. Die Bedenken bezüglich Datensicherheit dürften damit ausgeräumt sein. Dennoch haben viele Unternehmen das Gefühl, dass FSC sie nicht ausreichend mitnimmt bei dieser wichtigen Entwicklung. Déjà vu! Viele Einwände aus der OCP-Debatte sind bis heute nicht beantwortet.

Kritikpunkte

Bei den bislang präsentierten Systemen geht es immer darum, die Weitergabe von FSC-Aussagen zwischen zertifizierten Unternehmen abzusichern. Die Materialbewegungen innerhalb von Unternehmen bleiben davon unberührt. Innerbetriebliche Vertauschungen und Vermischungen werden durch ein Mengenverfolgungssystem nicht verhindert. Dies zu überwachen, wird also weiterhin Aufgabe der Audits bleiben.

Kritisch in Bezug auf umstrittene Holzquellen ist in der Regel nicht das Material von FSC-zertifizierten Lieferanten, sondern solches, das aus nicht-zertifizierten Quellen stammt. Dies darf beigemischt werden, sofern es mit einem Sorgfaltspflichtsystem gemäß FSC Controlled Wood Anforderungen kontrolliert wird. Da ein von FSC bereitgestelltes Mengenverfolgungssystem mutmaßlich nur von FSC-zertifizierten Unternehmen genutzt wird, bleibt die Rückverfolgung zu zahlreichen Holzquellen, und zwar zu den kritischsten, weiterhin risikobehaftet. Das System greift für diese Holzeingänge nicht ab Wald, sondern beginnt erst weiter hinten in der Produktkette wirksam zu werden.

Große Bedenken bestehen sicher auch in Bezug auf den Aufwand, den es verursachen wird, wenn jede FSC-Transaktion, also jeder Handel mit FSC-zertifiziertem Material, in einer wie auch immer gearteten Software registriert werden muss. Für Betriebe mit einzelnen FSC-Aufträgen ist das händisch möglich. Aber große Firmen, die laufend FSC-Ware fakturieren, benötigen andere Lösungen. Als Antwort wird immer die Möglichkeit von technischen Schnittstellen präsentiert. Allerdings untersagen viele Unternehmen grundsätzlich Softwareanbindungen nach außen. Auch mit Excel-Templates zu arbeiten, scheint wenig praktikabel zu sein.

Handlungsbedarf

Nichtsdestotrotz muss eine Lösung her. Spätestens, wenn die EU-Gesetzgebung zu den entwaldungsfreien Lieferketten die Weitergabe der Geo-Koordinaten für die Herkunft des Holzes fordert, wird das ohne Softwarelösungen nicht mehr machbar sein. Betriebe benötigen diese dann allerdings für alle Waren, nicht nur für die FSC-zertifizierten. Eine zusätzliche Insellösung nur für FSC erscheint wenig attraktiv.

Dies sind einige Gründe für die Ablehnung des Antrags. Es gibt sicher weitere. Es lässt sich aus der Situation ganz bestimmt nicht ableiten, dass FSC-Mitglieder Betrug im FSC-System dulden wollen oder ihnen die Glaubwürdigkeit von FSC egal wäre. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass FSC die Blockchain-Lösung trotz allem verpflichtend einführen wird.

Fazit

Mich wundert nicht, dass der Antrag abgelehnt wurde. Denn die Aufgabe des FSC liegt vielmehr darin, Standards zu definieren, als technische Lösungen zu entwickeln. So könnte FSC eine Art Datenstandard bereitstellen, um sicherzustellen, dass von den Zertifikatshalter frei wählbare Software-Lösungen bestimmte Vorgaben erfüllen, um sicher und glaubwürdig den Ansprüchen des FSC zu genügen.