Der revidierte PEFC-COC-Standard – ein erster Eindruck

Autor: Ulf Sonntag

Datum (aktualisiert): 18. Februar 2020

FSC hat zwei neue Anweisungen (Advice Notes) veröffentlicht. Besteht Handlungsbedarf? Hier unsere Einschätzung:

Die Umstellung auf die neue Standard-Version muss von allen zertifizierten Betrieben bis 14.02.2022 (neu!) erfolgen. Teilnehmer unserer PEFC-Gruppenzertifizierung (ZGD) müssen sich um die Anpassungen nicht selbst kümmern. Die Aktualisierung der Verfahrensbeschreibungen (Handbuch) ist Bestandteil der Serviceleistungen und erfolgt durch die Gruppenleitung.

Der revidierte PEFC-COC-Standard ist mit 34 Seiten exakt so lang wie sein Vorgänger. Allerdings ist es PEFC gelungen, die eigentlichen Anforderungen sehr komprimiert darzustellen, auf nur 10 Seiten (Kapitel 4 bis 7). Dabei wurden aber viele Erklärungen, die für die Umsetzung von großer Relevanz sind, in die Begriffsdefinitionen aufgenommen (Kapitel 3 mit 8 Seiten).

Praxisrelevante Änderungen

Für Zertifikatshalter sind im Wesentlichen die Änderungen relevant, die sich praktisch auf die Prozesse auswirken, also gegebenenfalls auch eine Anpassung der betriebsinternen Prozessbeschreibungen erforderlich machen. Diese Änderungen sind hier genannt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Garantie für korrekte Interpretation):

  • Mit dem neuen Claim „100% PEFC Origin“ kann Holz aus PEFC-zertifizierten Wäldern als solches physisch getrennt durch die Produktkette weitergegeben werden. Die ebenfalls revidierten Anforderungen für die Verwendung der PEFC-Warenzeichen erlauben auch eine Produktkennzeichnung mit entsprechendem Labeltext. Aus der Bezeichnung „100% PEFC-zertifiziert“ war bislang nicht erkennbar, ob es sich um reines PEFC-Holz handelt.
  • Bei festgestellten Nicht-Konformitäten müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um Fehler zu korrigieren, Ursachen zu erkennen und Wiederholung zu vermeiden. Dazu müssen nun Verfahren implementiert werden.
  • Die Einbeziehung von Dienstleistern (Outsourcing) muss bei den internen Audits berücksichtigt werden. Nun wird explizit gefordert, dass diese auditiert werden. Die Anforderung gilt offenbar auch, wenn der Dienstleister selbst zertifiziert ist. Für die praktische Umsetzung wird entscheidend sein, wie das Wort „should“ (sollte, nicht muss!) von den Zertifizierungsstellen gesehen wird, welches im Standard bei der Forderung nach jährlichen Audits bei den Dienstleistern verwendet wurde.
  • Die Gültigkeit der PEFC-Lieferantenzertifikate muss nicht mehr mit Kopien der Zertifikatsurkunden belegt werden, die bislang von den Lieferanten angefordert werden mussten. Es genügt die Kontrolle über die PEFC-Datenbank (mit Datenbankauszügen als Nachweis).
  • Bei Anwendung eines Vermischungssystems mit PEFC-Guthabenkonto, jetzt Credit System genannt, verfallen alte Guthaben nun erst nach 24 Monaten, nicht wie vorher nach 12 Monaten.
  • Das Guthabensystem kann jetzt auch standortübergreifend angewendet werden. Das geht etwas versteckt aus der Definition der Produktgruppen hervor. Grob formuliert bedeutet das: Multisite-zertifizierte Unternehmen können PEFC-Mengen, die an einem Standort eingegangen sind, von einem anderen Standort mit PEFC-Aussagen weiterverkaufen.
  • Informationen über Holzarten und -herkünfte in PEFC-zertifizierten Produkten müssen nur noch auf Nachfrage beschafft werden. Es muss nicht mehr generell belegt werden, dass Zugang zu den Informationen besteht.
  • Jeder Zertifikatshalter muss eine Verpflichtungserklärung („Commitment“) unterzeichnen und ein Verfahren einführen, dass Holz/-produkte auch außerhalb des definierten Zertifikatsumfangs im Falle wissentlich illegaler Herkunft oder eingegangener begründeter Bedenken nicht in Verkehr gebracht werden.
  • Für Anwender des Sorgfaltspflichtsystems (DDS, jetzt in Anhang 1 des Standards): Die Definition für „controversial sources“ wurde erheblich erweitert. Auch strittige Themen wie Waldumwandlungen, ökologisch besonders wichtige Wälder, Arbeitsrechte (ILO) und die Rechte indigener Völker werden jetzt berücksichtigt. Dies erfordert eine umfangreichere Bewertung der Herkunftsgebiete. Dazu sind im Standard zahlreiche Indikatoren und Quellen aufgeführt.
  • Für PEFC-COC-Gruppenzertifizierung: Die maximale Größe der Teilnehmer in Bezug auf den Umsatz wurde von 9 Mio. CHF auf 10 Mio. EUR geändert.
  • Für Multisites (inkl. Gruppen): Die internen Audits können, sofern dabei die Umsetzung der COC-Anforderungen prüfbar ist, nun auch aus der Ferne, also als Dokumentenaudits durchgeführt werden.  Allerdings liest es sich im Standard so als gelte das nur für die Audits, die vor der eigentlichen Zertifizierung durchzuführen sind. Die Notwendigkeit für die Durchführung jährlicher interner Audits wurde an dieser Stelle aus dem Standard entfernt.
  • Auch die Regelungen für die Nutzung der PEFC-Warenzeichen wurden grundlegend überarbeitet. Anstelle von Logos und Labels ist nun von „Trademarks“ die Rede. Im revidierten Standard (PEFC ST 2001:2020) sind jetzt detailliertere Anforderungen enthalten, zum Beispiel zu Mindestgrößen der Label oder zu Freiräumen um die Label.  

Fazit

Ziel des Revisionsprozesses war unter anderem, Vereinfachung zu erreichen. Dies ist meines Erachtens größtenteils gelungen. Auch die Erweiterung des strittigen Themas der Kontrolle der nicht-zertifizierten Holzeingänge um weitere Kriterien ist vollzogen, was die Akzeptanz des Standards erhöhen wird. Viele Begrifflichkeiten und Definitionen wurden verbessert. Der Standard ist verhältnismäßig strikt und schlank, weshalb er mir gut anwendbar erscheint. Er wird von der Praxis sicher überwiegend begrüßt werden.

Allerdings werden auch Neuerungen eingeführt, die das System wieder komplizierter machen. Insbesondere die Aussage „100% PEFC Origin“ scheint mir schwer kommunizierbar im Vergleich zum parallel existierenden Claim „100% PEFC zertifiziert“. (Warum heißt es nicht nur „PEFC Origin“ – ohne „100%“? Mit weniger als 100% kann es gar nicht mehr aus reiner PEFC-Herkunft sein.) Zu wieder anderen Punkten sehe ich noch Klärungsbedarf, z. B. zur Notwendigkeit der Auditierung der Dienstleister oder zur Möglichkeit von Dokumentenaudits in Multisites.

Obgleich Innovationen erkennbar sind (Erweiterung um „Trees outside forests“, neue Indikatoren im DDS), sind viele der Anpassungen nicht überraschend, wenn man die Entwicklung der parallel existierenden Zertifizierungssysteme verfolgt. Viele Regelungen im revidierten PEFC-COC-Standard entsprechen nun denen im aktuell gültigen FSC-COC-Standard. Insbesondere für doppelzertifizierte Betriebe ist dies positiv, denn gerade für Unterschiede und daraus entstehenden Mehraufwand gibt es häufig wenig Verständnis.

Die Standards können bei PEFC International heruntergeladen werden: https://www.pefc.org/standards-implementation/standards-and-guides

Deutsche Übersetzungen: https://pefc.de/dokumente/Dokumente_fuer_unternehmen